Bussum, 10. Dezember 2020 – Der Gerichtshof Den Haag will erreichen, dass die Staatsanwaltschaft den ehemaligen ING-Konzernchef Ralph Hamers strafrechtlich verfolgt. Im Jahr 2018 schloss ING mit der Staatsanwaltschaft aufgrund einer gescheiterten Anti-Geldwäsche-Politik einen Vergleich über 775 Millionen, bei dem Hamers selbst verschont blieb. Pieter Lakeman, Vorsitzender der Stiftung Stichting Onderzoek Bedrijfs Informatie SOBI, forderte den Gerichtshof auf, der Staatsanwaltschaft aufzutragen, Ralph Hamers (seit September CEO der Schweizer Bank UBS) doch noch strafrechtlich zu belangen. Lakeman sieht die Strafverfolgung als positives Signal für die Finanzwelt Europas.
Für das Gericht ist es wichtig, “dass in einem öffentlichen Strafverfahren der Grundsatz bestätigt wird, dass auch Vorstandsmitglieder einer Bank nicht ungestraft davonkommen, wenn sie sich erwiesenermaßen verbotener Handlungen schuldig gemacht haben. Die Bürger müssen sehen können, dass ein solches Verhalten auch von der Regierung nicht akzeptiert wird.”
Laut Lakeman und seinem Anwalt Gabriel Meijers haben Zeugen, die die niederländische Steuer- und Zollfahndungsbehörde FIOD zur ING-Sache befragt hatte, ausgesagt, dass seit 2014 – nachdem Hamers die Funktion des CEO der Bank übernommen hatte – enorme und äußerst schädliche Einsparungsmaßnahmen in der Anti-Geldwäsche-Abteilung vorgenommen worden waren. Hamers ignorierte Warnungen unter anderem seines Chief Risk Officer. Damit wurde lukrativen, aber kriminellen Kunden der Weg geebnet, so der SOBI-Vorsitzende.
Gewinn wichtiger als Compliance
Laut einem von der FIOD befragten Zeugen wurde Kritik an den Sparmaßnahmen bei ING im Keim erstickt, und das Wort Compliance war ein bloßes Lippenbekenntnis, dem keine Taten folgten. Der Chef der Bank legte mehr Wert auf Gewinn als auf Compliance. Im Verantwortungsbereich von Hamers wurde beispielsweise die Anzahl der Warnungen bei möglicherweise verdächtigen Transaktionen erheblich reduziert. Das System, das ING eingeführt hatte, um Missstände zu überwachen, wurde bewusst auf maximal drei Fälle pro Tag eingestellt. Darüber hinaus fehlte es durch die Kürzungen an hinreichend qualifiziertem Personal. Sowohl intern als auch extern (durch De Nederlandse Bank und die Europäische Zentralbank) wurde ING mehrmals schriftlich gewarnt.
Mitarbeiter der von den Kürzungen betroffenen Anti-Geldwäsche-Abteilung von ING beklagten sich nicht nur darüber, dass bis hoch zur Chefetage kaum Interesse an ihrer Arbeit bestand. Vielmehr war die Abteilung ihren Angaben nach mangels hinreichender Investitionen in Qualität und personelle Ressourcen außerdem hoffnungslos überlastet.
Alarmierende Warnungen ignoriert
Laut Pieter Lakeman versuchte Hamers, sich im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen seiner Verantwortung als CEO mit Ausreden zu entziehen. Der SOBI-Vorsitzende betrachtet ihn als „tatsächlichen Drahtzieher der durch die ING Bank verrichteten verbotenen Rechtsgeschäfte“ und wirft ihm vor, selbst alarmierende Warnungen seines eigenen Vorstands ignoriert zu haben.
Der SOBI-Vorsitzende findet es inakzeptabel, dass die Staatsanwaltschaft die im Zeitraum 2010-2016 begangenen Straftaten nur ING als Institution zurechnet und nicht gegen den verantwortlichen Konzernchef tätig wird. Laut Lakeman war Hamers außergewöhnlich gut über die Geldwäscheproblematik informiert und hat die Abteilung innerhalb der Bank, die Straftaten entdecken und verhindern sollte, nahezu vollständig aufgelöst: „Damit hat Hamers sowohl Kosten eingespart als auch höhere Umsätze und Gewinne generiert – durch den Zulauf von kriminellen Kunden.“
Der SOBI-Vorsitzende begrüßt den Umstand, dass der Gerichtshof der Staatsanwaltschaft aufträgt, Hamers doch noch strafrechtlich zu verfolgen. „Es darf nicht sein, dass Geschäftsführer, die bewusst gegen geltendes Recht verstoßen, sich auf Kosten der Anteilseigner freikaufen, indem sie sich auf extrem hohe Geldstrafen einlassen, die ausschließlich die Gesellschaft und die Anteilseigner tragen, die gänzlich unschuldig sind. Die Entscheidung des Gerichtshofs, Hamers strafrechtlich zu verfolgen, ist von größter Bedeutung. Als ehemaliger Konzernchef von ING und jetziger CEO von UBS ist Hamers ein prominenter Akteur innerhalb des europäischen Bankwesens.“
Hinweis für die Redaktion
Pieter Lakeman (1942) gründete 1976 die Stiftung Stichting Onderzoek Bedrijfs Informatie (SOBI). Er hat bereits erfolgreich Verfahren gegen börsennotierte Unternehmen geführt, die falsche Jahresabschlüsse erstellt hatten. So wies er nach, dass die Credit Lyonnais Bank Nederland im Jahr 1981 nicht 1 Millionen Gulden Gewinn, sondern 124 Millionen Gulden Verlust gemacht hatte.
Darüber hinaus legte er eine Vielzahl von Beschwerden gegen Wirtschaftsprüfer ein, die sich eines Fehlverhaltens schuldig gemacht hatten, darunter beispielsweise die Verschaffung irreführender Finanzinformationen.
Im Oktober 2009 empfahl Lakeman Kontoinhabern der DSB Bank, ihre Ersparnisse abzuheben. Dieser Empfehlung folgt eine Vielzahl von Kontoinhabern, was zur Folge hatte, dass die DSB Bank Insolvenz anmelden musste. Eigentümer Dirk Scheringa wollte an die Geschädigten insgesamt lediglich 26 Millionen bezahlen, doch dank dem Engagement von Lakeman wurden letztendlich rund 350 Millionen Euro ausgezahlt.
Für weitere Informationen können Sie sich an den SOBI-Vorsitzeden Pieter Lakeman wenden, telefonisch unter 00316-38150576 oder per E-Mail an lakeman@sobi.nl.